Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist nach § 111a StPO bereits vor einer endgültigen rechtskräftigen Entscheidung über den Tatvorwurf selbst zulässig, wenn mit einer Entziehung der Fahrerlaubnis im Rahmen des Urteils zu rechnen ist. Als prozessuale Zwangsmaßnahme unterliegt die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis darüber hinaus jedoch auch den verfassungsrechtlich verankerten Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Beschleunigungsgebots.

Das Landgericht Berlin – Kammergericht – hat daher in seinem Beschluss vom 01.04.2011 – 3 Ws 153/11 – entschieden, dass die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach über zwei Jahren nicht mehr zulässig ist, wenn der Antrag auf die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis erst mit Anklageerhebung von der Staatsanwaltschaft gestellt wird und bis zu einer Entscheidung des Gericht weitere fünf Monate vergehen.

Der Täter hatte im Zeitraum vom 23.10.2003 bis zum 17.09.2008 mehrere Straftaten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr begangen. Seine Fahrerlaubnis hat der Täter jeweils behalten. Am 05.08.2010 wurde gegen den Angeklagten Anklage erhoben. Mit Beschluss vom 24.01.2011 hat das zuständige Gericht die Anklage unter Eröffnung des Hauptverfahrens zur Hauptverhandlung zugelassen und die Fahrerlaubnis nach § 111a StPO vorläufig entzogen sowie die Beschlagnahme des Führerscheins angeordnet. Hiergegen richtete sich die Beschwerde des Angeklagten. Diese hatte Erfolg und der Beschluss wurde aufgehoben.

Das Landgericht Berlin entschied, dass die vorläufige Entziehung unverhältnismäßig ist und gegen den Beschleunigungsgrundsatz, der auch bei einer „lediglich“ prozessualen Zwangsmaßnahme  zu beachten ist, verstößt. Zwar spricht grundsätzlich nichts dagegen die Fahrerlaubnis erst mit Erhebung der Anklage oder auch noch später vorläufig zu entziehen. Jedoch muss die Entziehung noch in einem gewissen zeitlichen Rahmen liegen. Zudem habe der Anklagte seit der letzten angeklagten Tat über zwei Jahre beanstandungsfrei am Straßenverkehr teilgenommen und dadurch schützenswertes Vertrauen in den Bestand seiner Fahrerlaubnis erhalten. Ab wann ein schützenswerter Bestandschutz besteht, hänge nach Auffassung des Gerichts jeweils vom Einzelfall ab. Im konkreten Fall, bei über zwei Jahren seit der letzten Tat und des weiteren Tatsache, dass im Mai 2009 bereits der Schlussbericht des Landeskriminalamt vorlag, so dass der vorläufigen Entziehung kein Umstände entgegenstanden, ging das Gericht jedoch von den oben genannter Verstößen aus und hob den Beschluss, welcher die vorläufige Entziehung des Fahrerlaubnis und die Beschlagnahme des Führerscheines anordnete, auf.